Nicht jeder ist bereit, sein Smartphone so eng mit dem Angebot eines Konzerns zu verknüpfen, wie es bei Android der Fall ist. Ob dieses Verhalten sinnvoll ist, möchte ich hier ausdrücklich offen lassen. Für die meisten Benutzer dürfte der Wartungsaufwand für eine eigene Infrastruktur wie sie im folgenden beschrieben wird, zu hoch sein. Auch ist der Sicherheitsaspekt nicht zu vernachlässigen: wahrscheinlich wird google deutlich mehr Aufwand treiben, die dort vorhandenen Daten der Benutzer vor den Zugriffen Dritter zu schützen, als es für eine handvoll Benutzer lohnt. Allerdings ist allein die theoretische Möglichkeit des Datenzugriffs durch Google für manche Nutzer unangenehm. Daher sollte m.E. jeder sorgfältig abwägen, ob die Loslösung eines Teils der Handysoftware vom Anbieter sinnvoll ist und nicht blind dem eigenen Misstrauen folgen.
Da die Konfiguration sich eher an fortgeschrittene Nutzer richtet, habe ich im Folgenden die Schritte nicht in Form einer detaillierten Anleitung sondern eher als Agenda formuliert.
Diejenigen, die mit Julien Sorel stetig misstrauisch sind, könnten sich für die Kombination aus K-9 Mail und horde interessieren. Die folgende Lösung geht davon aus, dass der Benutzer mindestens einen Server unter Kontrolle hat, auf dem er weitestgehend frei schalten und walten kann. Zwar kann auf einen eigenen E-Mail-Server verzichtet werden, indem mal eines der Freemail-Angebote in Anspruch nimmt, aber das führt wiederum die Abhängigkeit ein und fordert neues Vertrauen in die Datenspeicherung eines externen Unternehmens.
K-9 ist ein IMAP-Client für Android und meiner Meinung nach bei den Möglichkeiten im Market die komfortabelste Lösung für den mobilen Zugriff, zumal ich meine E-Mails gerne online speichere, um sie nicht zwischen meinem Notebook und dem Desktoprechner synchronisieren zu müssen. Die Verwendung eines IMAP-Clients impliziert auch die Nutzung eines IMAP-Servers. Das horde-Projekt empfiehlt jedoch grundsätzlich den Einsatz solcher Software, sodass kein weiterer Installationsaufwand entsteht.
Jetzt fehlt noch zur Abdeckung des erwarteten Funktionsumfangs eine Lösung für Kalender und Kontakte – und da kommt horde Webmail ins Spiel. Die Installation ist hinlänglich dokumentiert, sodass ich hier nur kurz auf die Voraussetzungen eingehen möchte: ein Datenbankserver wäre hilfreich, ist aber dank sqlite nicht zwingend notwendig. Allerdings wird ein Webserver mit Unterstützung für PHP gefordert.
Die Synchronisierung erfolgt dann über ActiveSync. Bei Android-Telefonen wird das Konto in den Einstellungen bei “Synchronisierung” eingetragen und danach in der Kalender-App zur Anzeige aktiviert. Das Google-Konto kann m.W. nicht deaktiviert werden, aber das ist auch nicht zwingend nötig, weil es sowohl bei dem Kalender wie bei den Kontakten ausgeblendet werden kann.
Zur Migration der Daten kann man die E-Mails z.B. mit dem ehemaligen E-Mail-Programm wieder auf den Server schieben, die Kontakte bei Google als vCard exportieren (horde kann das Format wiederum importieren) und den Kalenderinhalt als ics-Datei im ICAL-Format transferieren. Die Möglichkeit zum Import von Terminen ist bei horde recht versteckt: dazu muss in der Kalenderansicht links unter “Meine Kalender” der Pfeil neben dem gewünschten Eintrag ausgewählt werden, woraufhin sich ein Dialog öffnet, der eine Registerkarte “Importieren” vorhält.
Wer auch die anderen Funktionen von horde nutzen will, sollte sich die Mobilversion der Weboberfläche ansehen. Sie ist so schlank und schnell, dass ich keine App vermisse.
Zwei Probleme, die bei mir aufgetreten sind, werden hier und hier beschrieben.